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Klientenzentrierte Strategien in der Elternberatung im Rahmen der ET-ASI

In diesem und dem nächsten Blogbeitrag geht es um die Elternberatung im Rahmen der sensorisch-integrativen Ergotherapie. Wie wir aus dem ASI Fidelity Measure wissen, das die Kernelemente der Ergotherapie nach ASI-Ansatz definiert, ist Kommunikation mit den Eltern ein essenzieller Bestandteil der ASI-Therapie.

 

Heute wollen wir uns der Bedeutung von klientenzentrierten Strategien widmen und wie du sie in die Praxis umsetzen kannst. Die erste Frage in der ASI-Therapie ist, wer eigentlich unser:e Klient:in ist. Ist es das Kind? Die Eltern? Ich denke, dass gerade bei jungen Kindern das Kind und die Eltern eine Dyade bilden, die unser Klient ist. In der direkten Therapie wenden wir uns dem Kind zu, im Elterngespräch den Eltern.

 

 

Was macht den klientenzentrierten Ansatz aus?

Der klientenzentrierte Ansatz geht auf Carl Rogers zurück, einem Vertreter der humanistischen Psychologie, der auch mit der non-direktiven Gesprächstherapie bekannt wurde. Er stellt die Klient:in in den Mittelpunkt und sieht sie als Expert:in für ihre Probleme, die das Potenzial in sich hat, ihre persönlichen Lösungswege zu finden und sich zu entwickeln. Die Prinzipien des klientenzentrierten Ansatzes sind Beziehung, Empathie, Echtheit und Akzeptanz.

 

 

Techniken des klientenzentrierten Ansatzes

Die wichtigste Technik dieses Ansatzes ist das aktive, verstehende Zuhören. Das heißt, die Therapeut:in sorgt für eine ruhige Umgebung, wo keine Unterbrechung zu erwarten ist, und lässt die Klient:in sprechen, wobei sie aktiv zuhört, verständnisvoll nickt, aber keine eigenen Kommentare abgibt.

Zum verstehenden Zuhören gehört die Technik des Paraphrasierens, d.h., dass wir die Aussagen der Klient:in von Zeit zu Zeit in eigenen Worten wiederholen um sicherzustellen, ob wir alles richtig verstanden haben.

Wir fragen auch ressourcenorientierte Fragen, durch die die Aufmerksamkeit der Klient:in auf positive Aspekte und Ressourcen gelenkt wird.

Die Therapeut:in gibt bei diesem Ansatz keine Ratschläge und Interpretationen und äußert auch keine Meinung zur Schilderung der Klient:in.

Die Eltern sollen sich durch klientenzentrierte Strategien angenommen und verstanden fühlen und in ihrer Reflexion der Situation, ihrer Selbstwahrnehmung, ihrem Selbstvertrauen und ihrer Resilienz gefördert werden.

 

 

Praxisbeispiel

Frau L., die Mutter von Thomas, 5 Jahre, mit Somatodyspraxie, konnte am Ende der letzten Therapiestunde gar nicht aufhören zu sprechen, weil die Situation mit Thomas im Kindergarten immer schwieriger wurde. Sie wirkte sehr belastet und bedürftig, doch es ist unser Praxisgrundsatz, weder "zwischen Tür und Angel", noch vor dem Kind über seine Probleme und Schwierigkeiten zu sprechen. Also bot ich ihr ein Elterngespräch an, wo wir in Ruhe für 45 min. reden könnten. Sie nahm das Angebot dankbar an und ein Termin war rasch gefunden.

 

Im Elterngespräch ließ ich Frau L. zunächst für eine halbe Stunde "sich aussprechen", nickte immer wieder verständnisvoll und bestätigend und sagte nur 2-3 mal etwas. Zunächst drückte Frau L. ihre Frustration darüber aus, dass es so knapp vor der Schule noch immer massive Schwierigkeiten mit Thomas gab. Sie hatte gehofft, dass mit Therapie bis zur Schule alles "normal" sein würde. Sie kam aber selbst zu der Erkenntnis, dass man das eben nicht vorhersehen konnte. Ich erwähnte positiv, dass sie wirklich schon viel für Thomas getan hatte und ihn aus meiner Sicht bestens förderte. Diese Bemerkung schien sie zu überraschen. Sie erwähnte, dass sie sich immer schuldig fühle, wenn sie eine Zeit lang "alles schleifen" ließ. Sie hatte bisher gedacht, dass sie nur "das Normale" tat und viel mehr tun könnte und sollte. Sie wirkte erleichtert, dass es offenbar von außen als besonders gute Förderung wahrgenommen wurde. Zweimal wiederholte ich eine Aussage in meinen eigenen Worten und tatsächlich hatte ich einen Zusammenhang falsch verstanden. Ich erwähnte dann, dass ich ihre geduldige und dennoch konsequente Umgangsweise mit Thomas sehr schön fand. Auch diese positive Aussage schien sie zu überraschen und zu stärken. Im Alltag hörte sie oft, dass sie das Kind verzöge und überbehüte. Im Verlauf des Gesprächs entwickelte Frau L. selbst eine neue Perspektive von Thomas' Entwicklung und speziell der Kindergartensituation.

 

Nach diesem klientenzentrierten Teil der Besprechung wirkte Frau L. wesentlich gestärkter und zuversichtlicher, sodass ich zu einem lösungsorientierteren Stil überging und noch die Option einer Vorschule mit ihr erörterte und sie über Möglichkeiten beriet.

 

Aufruf zum Handeln

Übe immer wieder das aktive, verstehende Zuhören und Paraphrasieren!

 

Mit diesem Beitrag hoffen wir, ein besseres Verständnis für die Bedeutung klientenzentrierter Strategien in der Elternberatung vermittelt zu haben. Wir freuen uns auf Feedback und Gedankenaustausch in den Kommentaren!

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