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Wie mit Essproblemen umgehen? Von wählerischen Phasen zu ernsthaften Störungen

Viele Kinder durchlaufen Phasen, in denen sie sehr wählerisch beim Essen sind. Für Eltern kann das herausfordernd sein – vor allem, wenn Mahlzeiten plötzlich zum täglichen Kampf werden. Doch nicht jede Schwierigkeit bedeutet gleich ein ernsthaftes Problem. Entscheidend ist, die Situation richtig einzuschätzen und sensibel zu begleiten.

 

Wählerische Phasen richtig deuten

Fast jedes Kind hat einmal eine Zeit, in der es bestimmte Lebensmittel verweigert oder nur eine Handvoll Speisen bevorzugt. Wichtig ist, diese Phasen nicht überzubewerten: 

  • Vorlieben respektieren: Kinder haben – wie Erwachsene auch – individuelle Geschmäcker.
  • Kleine Portionen anbieten: Ein voller Teller kann überfordern. Kleine Portionen reduzieren Druck.
  • Familienmahlzeiten kurz und erfreulich gestalten: Eine entspannte Atmosphäre erleichtert es Kindern, Neues auszuprobieren.
  • Sensorische Eigenheiten berücksichtigen: Manche Kinder reagieren empfindlich auf Konsistenzen, Gerüche oder Temperaturen. Ein Kind, das Nudeln ohne Sauce isst oder Brot nur ohne Rinde mag, hat möglicherweise sensorische Gründe dafür.

Solche Eigenheiten sind nicht automatisch pathologisch, sondern häufig ein Ausdruck der individuellen Sinnesverarbeitung.

 

Wann aus Wählerischsein ein Risiko wird

Es gibt jedoch Situationen, die über „normale“ Phasen hinausgehen. Wenn ein Kind nur noch 5–10 verschiedene Lebensmittel akzeptiert und andere konsequent verweigert, kann dies eine Gesundheitsbedrohung darstellen. In diesen Fällen sprechen Fachleute nicht mehr von einer „Phase“, sondern von einer ernsthaften Störung der Nahrungsaufnahme.

 

Der SOS Approach to Feeding

Wenn Kinder mit solch ausgeprägten Essproblemen vorgestellt werden, greifen Therapeut:innen, Diätolog:innen, Ärzt:innen und Psycholog:innen weltweit auf den SOS Approach to Feeding zurück. Der SOS Ansatz („Sequential-Oral-Sensory“) wurde entwickelt, um Essprobleme ganzheitlich zu befunden, zu behandeln und Familien zu begleiten. Er zeichnet sich durch seine multidisziplinäre Perspektive aus: Probleme werden nicht isoliert, sondern in ihrem gesamten Kontext betrachtet. Dabei werden sieben Funktionsbereiche berücksichtigt:

  1. Organsysteme – etwa gastrointestinale Beschwerden oder chronische Erkrankungen.
  2. Motorische und mundmotorische Fähigkeiten – kann das Kind kauen, schlucken, Nahrung sicher bewegen?
  3. Sensorische Verarbeitung – reagiert das Kind über- oder unterempfindlich auf Gerüche, Texturen oder Temperaturen?
  4. Lernhistorie und -fähigkeiten – wie wurden bisherige Mahlzeiten erlebt, welche Erfahrungen prägen das Verhalten?
  5. Entwicklung – Entwicklungsverzögerungen können Essschwierigkeiten verstärken.
  6. Ernährung – Nährstoffmängel oder unausgewogene Kost beeinflussen Energie und Wachstum.
  7. Umweltfaktoren – Familiendynamik, Essensrituale, kulturelle Einflüsse.

Eltern sollten zwischen normalen Vorlieben und ernsthaften Einschränkungen unterscheiden lernen. Während kleine Eigenheiten zum Aufwachsen dazugehören, kann eine starke Einengung auf nur wenige Lebensmittel riskant sein. Hier bietet der SOS Approach to Feeding eine bewährte, wissenschaftlich fundierte Grundlage, um Kindern und Familien zu helfen.

 

👉 Wenn du mehr über diesen Ansatz erfahren möchtest, findest du Informationen und Ressourcen auf der offiziellen SOS Feeding Webseite.

 

👉 Im Juni 2026 findet in Wien die erste deutschsprachige SOS-Feeding Konferenz statt, eine multidisziplinäre Grundausbildung in diesem Ansatz für Gesundheitsberufe! Mehr dazu hier: https://www.si-experts.de/sos2026

 

 

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