Jeder Säugling kommt mit acht 8 Sinnessystemen auf die Welt, die ihn über seinen eigenen Körper und die Umwelt informieren. Wenn wir verstehen, wie ein Baby Sinneseindrücke wie laute Geräusche oder Bewegung wahrnimmt und darauf reagiert, können wir dafür sorgen, dass es sich beim Spielen und Lernen wohl fühlt.
Es ist zu beachten, dass sich jedes Kind in seinem eigenen Tempo entwickelt und dass das in einer bestimmten Bandbreite ganz normal ist. Wir alle - also auch Säuglinge - fühlen uns nicht jeden Tag gleich wohn, wach und freudig aktiv. manchmal tut uns etwas weh, wir sind müde oder kränklich. Oder es war zuviel los und wir sind gestresst und überfordert. Frühgeborene durchlaufen Entwicklungsphasen vielleicht etwas später als ein termingerecht geborenes, normal entwickeltes Baby.
Grundsätzlich gilt sowohl für Eltern als auch für Therapeut:innen: sieh das Verhalten des Babys als seinen Weg zu kommunizieren. Es sagt uns damit, ob es sich wohl fühlt oder ob es etwas braucht, damit es sich wohl und sicher fühlt.
Unsere acht Sinne
Du wunderst dich jetzt vielleicht, weil wir hier von 8 Sinnen sprechen, während du in der Schule von den 5 Sinnen gelernt hast und im Rahmen der SI meist von 7 Sinnen die Rede ist. Dies stammt daher, weil unser Organsinn, die Interozeption, bis vor kurzem kaum als eigenes Sinnessystem mit Relevanz für die SI beachtet wurde. Seit einigen Jahren wird der Interozeption als eigenem Sinnessystem mit tatsächlicher Bedeutung für die SI mehr Bedeutung zugemessen.
Für Babys sind die Nah- oder Körpersinne Berührungssinn (taktil), Gleichgewichtssinn (vestibulär) und Kraft- und Bewegungssinn oder Muskelsinn (Propriozeption) besonders wichtig. Über diese Sinne erleben sie Nähe und Geborgenheit, Wohlbefinden, aber auch Schmerzen und Unbehagen, und sie können dank der Sinnesinformationen mit der Umwelt interagieren. Ja, schon ein paar Tage nach der Geburt versuchen Säuglinge, die Bezugsperson zu imitieren und beginnen zu lächeln oder halten inne, wenn eine vertraute Person mit ihnen spricht. Doch die Interaktion bezieht sich nicht nur auf Personen, sondern auch mit der dinglichen Umwelt kann das Baby interagieren. dank seiner Sinnesinformationen interagieren: es zupft an der Decke oder berührt das Mobile und freut sich über den Effekt. Dabei verarbeitet es Sinnesinformationen von seinem Körper und der Umwelt und nutzt sie für seine Aktion und um zu verstehen, was da passiert und was es selbst bewirkt - es kann seine Umgebung beeinflussen! Dies ist der Ausgangspunkt für willentliches, anpassendes Verhalten und die Entwicklung der Selbstwirksamkeit.
Die Nahsinne
Das taktile System liefert uns über die Haut Informationen über wo wir berührt wurden, wie stark die Berührung war, ob die Berührung eine Bedrohung sein könnte, und über die Form, Größe, Oberfläche und Temperatur von Objekten. Sanfte Berührungen wirken auf die meisten Säuglinge beruhigend, während Kitzeln alarmierend ist.
Das vestibuläre System liefert dem Gehirn Informationen darüber, wo sich unser Kopf im Verhältnis zur Schwerkraft befindet, und über die Geschwindigkeit und Richtung von Bewegungen. Langsames Wiegen wirkt meist beruhigend und ist eine gute Strategie zum Einschlafen, die in Kinderwiegen und Hängematten genutzt wird. Beim Herumtanzen hingegen, wenn wir es hochheben und fliegen lassen, wird das Baby wach, aufmerksam und richtet sich auf.
Das propriozeptive System liefert Informationen, wie stark die Muskeln aktiviert sind und in welcher Stellung sich Gelenke befinden. Es sagt uns also etwas über unsere Körperposition, unsere Bewegungen und wieviel Kraftanstrengung wir einsetzen. Wir müssen z. B. nicht hinsehen, um zu wissen, dass wir die Beine übereinander schlagen. Wenn das Ungeborene im Mutterleib gegen die Uteruswand getreten hat, hat es mit dieser Bewegung gegen Widerstand seinen propriozeptiven Sinn genährt. Auch wenn das Kind dann auf der Welt ist, braucht es Widerstand und eine Umrandung. Deshalb gibt es Utensilien, um jungen Säuglingen ein "Nest" zu bauen oder Badeeimer.
Ein weiterer Nahsinn ist der Geschmackssinn. Er arbeitet mit dem Geruchssinn zusammen, um uns vor verdorbener und unbekömmlicher Nahrung zu schützen und um zu erkennen, welche Lebensmittel gut und welche schlecht schmecken. Der Geruchssinn ist ein Mittelding zwischen Nah- und Fernsinn. Er ist bei Säuglingen schon gut entwickelt und für Säuglinge im Vergleich zu uns Erwachsenen sehr wichtig. Neugeborene erkennen bereits nach wenigen Tagen ihre Mutter am Geruch.
Die Fernsinne Sehen und Hören sind uns Erwachsenen nur zu gut bekannt, denn über sie meistern wir den Großteil unseres Lebens. Die Körpersinne, die ganz unbewusst und automatisch arbeiten, sind uns hingegen viel weniger geläufig!
Und zu guter Letzt die Interozeption. Dieses Sinnessystem liefert Informationen über den Zustand der Eingeweide und hat eine enge Verbindung zum autonomen Nervensystem, das mit seinem sympathischen und parasympathischen Anteil auch unsere emotionale Regulation steuert.
Wie Babys Sinnesinformationen wahrnehmen
Dr Susanne Smith Roley schreibt, dass in der Normalentwicklung Sinneserfahrungen die Art und Weise prägen, wie das Baby
Gefühle aus dem Körperinneren wie Hunger, Temperatur und Ausscheidungsdrang, aber auch Informationen über seine
Körperposition, Bewegung, Berührungen und die Sinneseindrücke von der Welt außerhalb des Körpers versteht.
Verarbeitet das Kind Sinnesinformationen aus seinem Körper schlecht, weiß es oft nicht, wie es von einer Position in eine andere kommt oder wie es ein Hindernis überwindet. Selbst wenn es eine Windel auf dem Gesicht liegen hat, wird es nur unruhg und zappelig, versucht aber nicht, gezielt etwas gegen diesen Störenfried zu unternehmen.
Manche Babys reagieren sehr empfindlich auf Sinneseindrücke. Zarte Berührungen und laute Geräusche bringen sie zum Schreien und auf den Rücken gelegt werden versetzt sie in Panik. Andere wiederum registrieren Reize in normaler Intensivät gar nicht. Sie sind meist sehr ruhige und pflegeleichte Säuglinge, die viel schlafen, weil sie die normalen Umweltreize nicht ausreichend aufwecken.
Wie ein Säugling Sinneseindrücke wahrnimmt, können wir nur durch Verhaltensbeobachtung herausfinden. en und herausfinden. Wenn ein Kind Sinnesinformationen gut verarbeitet, reagiert es angemessen und mit Interesse an Reizen und erschrickt nicht leicht. Es schenkt Reizen Aufmerksamkeit und versucht, sich je nach Entwicklungsstand damit auseinanderzusetzen. Es setzt seinen Körper ein, um an interessante Objekte zu gelangen und es benutzt sie auf verschiedene Arten. Das Verhalten des Babys gibt uns Hinweise, wie sein Gehirn Sinnesreize verarbeitet. Was sucht es? Was vermeidet es?
ASI-zertifizierte Therapeut:innen nutzen oft ein zusätzliches, systematischeres Tool, um die Sinnesverarbeitung von Kindern zwischen 4 und 18 Monaten zu beurteilen: des test of Sensory Functions in Infants (TSFI). Dies ist zwar ein alter Test, doch er liefert immer noch interessante Beobachtungen und Aussagen.
Dr. Susanne Smith Roley schreibt, dass sensorische Verarbeitungsstörungen möglichst früh entdeckt werden sollten, damit die Behandlung frühzeitig beginnen kann. Es ist erwiesen, dass Frühtherapie den Entwicklungsverlauf nachhaltig verändern kann. Die Forschung zur Neuroplastizität zeigt auf, wie reichhaltige Sinneserfahrungen die Gehirnentwicklung nachweisbar verändert. Eine anregende, sinn-volle Umgebung führen zur Spezialisierung und Reifung des Gehirn was das Wachstum und die Entwicklung begünstigt. Aus der Autismusforschung weiß man, dass Frühintervention bessere Ergebnisse erzielt: je früher ein Kind diagnostiziert und behandelt wird, desto bessere Ergebnisse erreicht es (Zwaigenbaum et al., 2015). A,
Verstärkte Sinnesanregungen für Babys im Alltag
Die folgenden Vorschläge sind nicht als "Übungen" gedacht, sondern können in Alltagsaktivitäten eingebaut werden. Das Verhalten des Kindes leitet das Angebot und die Dauer des Spiels. Beobachte genau, ob das Kind noch reguliert, organisiert und aktiv bei der Aktivität dabei ist. Wenn nicht, dass ist das seine Art zu sagen "Danke, genug". Höre auf, bevor es zu schreien beginnt.
Wird das Baby einmal überdreht, chaotisch und wild, dann können feste Umarmungen, ein Gewichtstier oder langsames Wiegen helfen, dass es sich wieder beruhigt.
0-3 Monate
Das taktile System ist bei der Geburt voll entwickelt. Die meisten Babys genießen sanfte Berührungen und Streicheleinheiten, sehnen sich nach Hautkontakt und beruhigen sich durch Berührungen. Ihre Handflächen greifen reflexartig nach Berührungen.
Körperkontakt ist in diesem Alter ganz wichtig und wird von vielen Babys lautstark eingefordert. Babymassagen mit festem Druck tun allen Säuglingen gut.
Der Gleichgewichtssinn hat einen starken Einfluss auf den Wachzustand des Säuglings - und auch noch unseres Wach- und Aufmerksamkeitszustandes! Dr Ayres empfahl in den Bausteinen der kindlichen Entwicklung werdenden Müttern, täglich 20 Minuten in einem Schaukelstuhl zu schaukeln, um das Gleichgewichtssystem des Ungeborenen anzuregen. Nutze bewusst unterschiedliche Areten von Newegung (wiegen, auf-ab, drehen) und beobachte, wie das baby darauf reagiert - welche es beruhigen und welche es aufwecken.
Oft bekommen Babys nur weiche Stofftiere zum Spielen. Diese liefern sehr wenig Bewegungswiderstand, d.h. wenig propriozeptive Informationen. Biete dem Baby Bewegungswiderstand durch Schaumstoffbegrenzungen im Bettchen, Herumturnen auf dem Schoß und schwere Spielsachen.
Der Sehsinn ist bei der Geburt noch nicht ausgereift. In den ersten Wochen sehen Neugeborene noch unscharf und können keine Farben sehen. Deshalb ist kontrastreiches Spielzeug mit einfachen Schwarz-Weiß-Mustern am interessantesten. Die typischen Pastellfarben im Babyzimmer sind wohl eher für die Erwachsenen!
Die Dominanz des Geruchssinnes bei Babys können wir nutzen, indem wir dem Baby zur Beruhigung ein getragenes Kleidungsstück der Mutter geben, das noch ihren Geruch hat.
3-6 Monate
Das Baby
- erkundet jetzt Objekte durch Berührung und nehmen sie in den Mund. Ein vielfältiges Angebot ist deshalb förderlich.
- beginnt nun, die Position zu ändern, kann sich rollen und vielleicht schon aufsetzen. Nimm ihm diese Positionswechseln nicht ab sondern lass es "sich durchwursteln"! Gute Ergänzungen des Bewegungsraumes sind 1-2 Matratzen von etwa 15 cm Höhe und eine schräge Ebene.
- kann jetzt beide Körperseiten gleichzeitig benutzen und lernen, wie man schiebt und zieht.
6-9 Monate
Das Baby
- erkundet die Eigenschaften von Gegenständen mit Mund und Händen. Wir sollten ihm Objekte aus verschiedenartigen Materialien, Oberflächen, Gewicht, Temperatur anbieten. Haushaltsgegenstände und Küchenutensilien eignen sich dafür oft sehr gut ebenso wie Wasserspiele beim Baden.
- experimentiert mit seiner Kraft und kann seine Flasche halten und den Schnuller selbst in den Mund nehmen.
- liebt Bewegung im Raum. Für den Gleichgewichtssinn ist jetzt eine Babyschaukel angesagt, am besten auf einem Punkt aufgehängt. Die Umgebung des Kindes sollte gut abgesichert sein, damit es sich darin möglichst frei von Einschränkungen bewegen kann.
- hat nun größeres Interesse an Gerüchen und Geschmäckern und lernt, vertraute Gerüche zu erkennen. Es greift nach Essen und lehnt schlecht riechendes Essen ab. Dies ist die zeit, um neue Gerüche einführen, z. B. Grapefruit oder Vanille. Neue Lebensmittel sollten langsam eingeführt werden. Beachte die Reaktionen und Vorlieben des Kindes!
9-12 Monate
Das Baby
- sucht weiterhin vielfältige taktile Erfahrungen, matscht mit Essen, mag Creme und Fingerfarben.
- kann jetzt beginnen, selbst mit dem Löffel (und den Fingern) zu essen.
- kann jetzt stehen und geht möglicherweise schon frei. Es ist neugierig, aktiv und mobil und hat Freude an Herausforderungen wie einem kleinen Hindernisparcours, bei dem es um, zwischen, unter und über Hindernisse krabbeln oder gehen muss.
- setzt gern seine Kraft ein. Fahrzeuge, die mit Mineralwasserflaschen beschwert sind, werden ein Hit sein.
- lernt mit Ursache-Wirkungs-Spielzeug (z.B. Spielzeug, das Geräusche macht, wenn man es berührt, Gegenstände, die zusammenstoßen, Spielzeug, das Melodien spielt)
- verwendet Gesten, um seine Bedürfnisse zu äußern. Versteht viele Wörter.
- kann in diesem Alter unter Zahnungsschmerzen leiden. Manche Kinder haben Magenprobleme als Reaktion auf neue Lebensmittel (Durchfall, Verstopfung).
12-18 Monate
In diesem Alter mag das Kind
- viele taktile Aktivitäten wie Matschen und Gatschen, auch Seifenblasen, Wasserspiele, Rasierschaum
- gromotorische Aktivitäten wie Klettern, Springen, Rutschen, Treppensteigen und -gehen.
- Seine Kraft einsetzen beim Schieben und Ziehen schwerer Objekte oder Personen
- Ballspiele
- Bilderbuch anschauen und auf benannte Dinge zeigen
- Rhythmus und Musik. Viele Kleinkinder tanzen ganz natürlich zu Musik, egal welcher Art.
Diese Aktivitäten und die Altersangaben entsprechen normal entwickelten Kindern. Für Kinder mit Entwicklungsstörungen oder sensorischen Auffälligkeiten sollte immer ein:e Ergotherapeut:in mit ASI-Zertifikat zu rate gezogen werden, welche Aktivitäten die genau richtige Herausforderung bieten und die Entwicklung am besten fördern werden. Denn wie Dr Ayres schon sagte: Spaß ist der kindliche Ausdruck für gelungene sensorische Integration.
Ich hoffe, du hast diesen Artikel anregend gefunden und stürzt dich jetzt mit neuer Begeisterung auf deine kleinen Freunde, Nachwüchse oder Klient:innen!
Wenn du als Ergotherapeut:in mit Babys zu tun hast, empfehlen wir dir den speziellen Workshop mit Susanne Smith Roley, von der du in diesem Blogbeitrag einige Zitate gefunden hast! Während der Blog nur auf normal enwickelte Kinder eingeht, lernst du in Susannes live online Seminar etwas zu sensorischen Integrationsstörungen im Säuglingsalter, den 4 Grundtypen und den Behandlungsansatz.
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